Westliche Erziehungsliteratur baut oft über Jahrzehnte oder sogar Jahrhunderte aufeinander auf. Die meiste europäisch-basierte Literatur hat eine viktorianische Wurzel. Der Erziehungsstil aus dem 19. Jahrhundert aus England setzte eher auf Disziplin und adrettes Aussehen, als auf liebevolle Zuwendung. Kinder waren oft erst zum „5 Uhr Tee“ erwünscht, ansonsten sollten sie weniger zu sehen und zu hören sein.
Natürlich findet sich eine klare Gegenbewegung zu diesem erzieherischen Programm, dennoch wurde der Kern für wissenschaftliche Forschung und Erziehungskonzept-Entwicklung in dieser Zeit gelegt. Daher unter anderem, die Empfehlung das Kind einfach schreien zu lassen, um es abzuhärten oder seinen Schlaf selbst zu regulieren.
Es gibt tatsächlich Studien zur Schlaf-Selbstregulierung, allerdings werden bei der Zitierung der Studie in anderen Büchern wichtige Rahmenfaktoren weggelassen, ob nicht zum Beispiel doch jemand im Zimmer war. Außerdem sieht man später in Therapiesitzungen oder in der schamanischen Praxis, dass solche inzwischen erwachsengewordenen Kinder Themen haben, wie die Mutter, die einen nicht gehalten hat oder nie für einen da war. Kurzfristig funktioniert ein harter Ansatz vielleicht, die langfristigen möglichen Folgen sind aber nicht vorhersehbar und schwer wissenschaftlich erhebbar.
Zudem zeigt es sich, dass westliche Studien meist nicht repräsentativ sind, sondern mehr die Meinungen der Verfasser widerspiegeln.
Alle paar Jahre finden sich neue Trends in Kindererziehungsansätzen, wie vom reinen Fokus auf die Mutter oder die Übergabe an die Gemeinschaft. Wie heißt es in dem afrikanischen Sprichwort? „Um ein Kind aufzuziehen, braucht es ein ganzes Dorf!“…
Da jedes Kind sehr individuell ist, ist es eine Herausforderung die richtigen Antworten über Internetrecherche oder Fachliteratur zu finden. Das eine Kind ist auf die Mama bezogen, das andere auf den Papa und die anderen sind am liebsten mit Gleichaltrigen unterwegs.
Jener „ganze Dorf“-Ansatz ist bei den indigenen Völkern mehr verbreitet als hier. Dort wohnt man noch oft unter einem Dach, bzw. im gleichen Dorf wie der Rest der Familie. Nicht wie hier, in dem der Wohnraum auf kleine Familien oder Single-Haushalte konzipiert ist. Dennoch ist es möglich, sich seinen eigenen Kosmos zur Unterstützung zu schaffen, vielleicht mit Freunden anstatt mit Familienmitgliedern. Dies kann zur Entspannung in der eigenen Familie führen, wenn man ein Netzwerk aufbaut, um Unterstützung bei der Kindererziehung zu haben.
Indigene Familien, wie bei den Maya-Völkern, behandeln ihre Kinder oft als gleichwertig. Sie haben nicht nur die reine Kinderrolle zu erfüllen. Ein größeres Miteinander mit gegenseitigem Respekt ist hiermöglich. Hier werden nicht oft reine Befehle erteilt, was zu großer Ablehnung führen kann. „Räum endlich Dein Zimmer auf!“, „Iss jetzt das Gemüse auf!“, diese Befehlsformen kommen weniger vor als hierzulande. Man kann sich mal selbst fragen, was es für ein Gefühl wäre, diese Aufforderungen gesagt zu bekommen: „Zieh Dir jetzt endlich Deine Schuhe an! Los jetzt!“, „Trödel nicht!“, „Runter vom Sofa!!!“…
Oft lassen die indigenen Völker, Kinder selbst ihre Erfahrungen machen. Zum Beispiel trauen die Cherokee ihren Kindern zu, sich selbst einschätzen zu können. Es wird, wenn das Kind irgendwo hochklettert, nicht panisch darunter gestanden und gerufen wie gefährlich es ist. Kinder erkennen schnell ihre eigenen Grenzen, denn wenn jemand ständig hinter Ihnen steht, müssen sie sich keine eigenen Gedanken mehr machen.
Alle Emotionen lässt man die Kinder leben. Wenn es mal traurig ist, wird es nicht sofort abgelenkt oder mit „Ist doch alles gut!“ beschwichtig. In diesem Moment ist das für das Kind nämlich nicht der Fall. Gefühle wollen auf dieser Welt gelebt werden, dazu gehört, dass man mal traurig ist. Nur so lässt sich dann wieder richtige Freude erfahren.
Generell zeigt es sich beim Familienstellen, was in afrikanischen Kulturen unter anderem seinen Ursprung hat, dass Kinder viele gleiche Muster ihrer Eltern übernehmen. Sie (oder andere Familienmitglieder) spiegeln einem damit sehr deutlich, was einem selbst fehlt oder was man zu viel hat.
Es heißt, wenn Du Dir selbst mehr Respekt wünschst, behandle alle um Dich herum und Dich selbst mit viel Respekt. Wenn Du Dir mehr Zuhören wünschst, höre selbst sehr aufmerksam zu. Wenn Du Dir mehr Liebe wünschst, sei die Liebe selbst.